+++ 25.April 2024 +++ Bürger-Solarpark Roden +++ Führungen im Rahmen "Das Saarland voller Energie +++ Anmeldung erforderlich +++

Wie bei uns im Köllertal sind auch in der Gemeinde Lautertal im Odenwald Windkraftanlagen geplant. Vertragen sich Windräder und Tourismus? Marieta Hiller von der Grünen Liste Lautertal hat sich mit dieser Frage befasst und uns freundlicherweise ihren Bericht mit Beispielen aus Deutschland und Österreich zur Verfügung gestellt:

 

Im Einklang: Wandern als sanfte Form des Tourismus - Windkraft als sanfte Form der Energieerzeugung

Manch besorgter Bürger fürchtet, daß die Gemeinde Lautertal sich mit der Errichtung von Windkraftanlagen den Zustrom von Touristen verbauen, diese seien auf der Suche nach unbeschädigter Natur und suchten sich evtl. sogar ein anderes Ausflugsziel. Auch sei es unwahrscheinlich, daß Touristen gezielt aufgrund der Windkraftanlagen kommen werden. Einige Beispiele aus Deutschland und Österreich vermitteln einen ganz anderen Eindruck, dort schafft man es durchaus, Potentiale und Ideen für alle Beteiligten gewinnbringend zu verknüpfen.

  • Der Nibelungensteig

Auch das Positionspapier des Deutschen Wanderverbandes aus dem Jahr 2013 drückt grundlegende Befürwortung der Energiewende vor Ort aus: die Regionalisierung (Energiegewinnung vor Ort) und eine Bürgerbeteiligung in Form von Energiegenossenschaften werden unbedingt gefordert. Die Energiegewinnung aus Windkraft gehört neben Biomasse aus Reststoffverwendung und Solar- und Photovoltaikanlagen auf Dächern zu den bevorzugten Quellen des DWV. Anbau von Energiepflanzen oder Solarparks in der Landschaft dagegen lehnt das Positionspapier ab, während es bei der Geothermie noch Forschungsbedarf sieht und die Holznutzung per Gesetz nachhaltig erfolgen muß. Das Positionspapier unter dem Titel „Landschaft und Energiewende“ ist im Internet zu finden: http://www.wanderverband.de/conpresso/_rubric/index.php?rubric=Fachbereiche+Naturschutz

Das Zertifikat „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ für den Nibelungensteig, vom Deutschen Wanderverband nach sehr strengen Kriterien in regelmäßigen Abständen immer neu vergeben, zeigt, daß der Nibelungensteig noch immer alle Bedingungen erfüllt, auch wenn er auf der Höhe zwischen Reichenbach und Knoden direkt unter den geplanten Windkraftanlagen entlangführt.

Dieses Stück Nibelungensteig zieht sich durch jungen Buchenbewuchs, der etwa 10 bis 20 Jahre alt ist. Es ist ein forstlich genutzter Wald, der nun noch etwa 80 Jahre Zeit hat, wieder zu einem majestätisch hohen Buchenbestand zu werden, bevor die Bäume reif zur Fällung sind. Schon wenige Monate nach dem Bau der Windkraftanlagen, die jeweils die Rodung einer Fläche von etwa 0,5 Hektar erfordern, wird sich die Natur das Terrain zurückerobern und ein vielfältiges Biotop bilden. Der Nibelungensteig und zahlreiche andere Premiumwanderwege wie z.B. der Alemannenweg führen direkt an technischen Anlagen für Mobilfunk, mit Elektrozäunen, Bewegungsmeldern, Brummgeräuschen und starker elektromagnetischen Strahlung vorbei. Neben diesen - auch für die Sicherung des Rettungsfunks - notwendigen Bauwerken gibt es noch die wunderschönen Aussichtstürme, die um die vorletzte Jahrhundertwende auf den Höhen erbaut wurden und zweckmäßigerweise die Baumwipfel überragen. Der Schaft eines Windrades wird im Wald wesentlich weniger auffallen als die Türme und die Mobilfunkanlagen. Dagegen kann das Windrad aus der Entfernung sogar die Verortung von Landschaftspunkten erleichtern: man erkennt schon von ferne, wo der Haurod liegt, wo der Geisberg in Mossau, der Binselberg bei Groß-Umstadt, die Vielbrunner Höhe. Der Odenwald wird so „übersichtlicher“. 

  • Tourismuskonzepte und Windkraftanlagen

Einige Vorreiter-Gemeinden auf dem Gebiet der Windenergie haben sich bewußt für eine aktive Verbindung zwischen Windkraftanlagen und Wandertourismus entschieden: im Soonwald will man auf einem Energie-Lehrpfad zeigen, daß man vor allem stolz ist auf die CO2-Einsparung. Bei einer Bürgerbefragung im Jahr 2012 sprachen sich 71% der Bürger - bei einem Rücklauf von knapp 77% der Fragebogen - für die Anlagen aus, knapp 28 % dagegen. Mit einem Fest mit mehreren hundert Gästen wurden die letzten der insgesamt 16 Anlagen im September 2013 in Betrieb genommen, und die Hunsrück-Ortschaften Ellern, Seibersbach und Dörrebach feierten sich als „Leuchtturmprojekt der Energiewende“. Die Feuerwehr des Rheingau-Taunus-Kreises demonstrierte bei der Eröffnung eine spektakuläre Aktion: eine Höhenrretttungsübung von der Gondel des Windrades aus 140 Metern Höhe. Inzwischen ist der durch den Bau gerodete Wald auf Ausgleichsflächen wieder aufgeforstet worden. Auf der offiziellen Internetseite www.soonwaldsteig.de heißt es ausdrücklich in der Etappenbeschreibung: „Von dort aus geht es weiter auf die Höhe des Kandrich. Dort erwartet uns ein Windpark mit mehreren großen Windkraftanlagen.“

Aus Österreich, dem klassischen Wandertourismusland, hört man, daß Ende Oktober 2013 5000 Besucher zur Eröffnung des Windparks auf dem Hochpürschtling in der Steiermark kamen. Mit einem Kran konnte man sich hoch hinauf in die luftige Höhe der Kanzel heben lassen. Windpark-Betreiber Hellfried Hainzl freute sich: „Der heutige Tag ist ein eindrucksvolles Beispiel wie stark die Steirer hinter der Windenergie stehen.“ Mitten durch den Windpark am Hochpürschtling geht der Mariazeller Weitwanderweg. „Die Zusammenarbeit mit dem Alpenverein war sehr positiv“, berichtet Hainzl, und setzt fort: „Der Hochpürschtling ist ein gutes Beispiel, wie Windenergie und Wandertourismus sehr gut nebeneinander existieren können.“ In der Gemeindezeitung von Mittersdorf ist ein hübscher Ausflug in den Energieerlebnispark Lichtenegg beschrieben, wo von 6000 Besuchern pro Jahr berichtet wird.
Quelle: Mittersdorf_Zeitung_Juli2013_150_MI_2013.pdf auf http://www.mitterdorf.at/Aktuelles.51.0.html

Der bundesweit erste kommunale Windenergiepark in Deutschland wurde in Ulrichstein im Vogelsberg errichtet (www.ulrichstein.de). Dort ist ein Lehrpfad bereits seit langem realisiert: über Technik und Perspektiven der Windenergienutzung informiert der Windenergie-Lehrpfad, zu dem es eine Informationsbroschüre gibt. Auf der Internetseite www.ulrichstein.de wird in der Rubrik Tourismus / Freizeiteinrichtungen darauf hingewiesen: „Das ganze Jahr über bietet Hessens höchst gelegene Stadt eine Reitanlage, ausgebaute Wanderwege, einen Windenergielehrpfad, ausgeschilderte Nordic-Walking- und Mountainbikestrecken, sowie ein Museum. Die Windenergie gehört zum Tourismusangebot der Stadt Ulrichstein: für Gruppen gibt es im Rahmen des Themenbereichs "Regenerative Energien" eine Führung durch den Windenergie-Park mit interessanten Informationen zur Nutzung der Windkraft und zur Anlagen-Technik. Ein bis zwei Stunden je nach Vereinbarung kosten für Gruppen 30 Euro pro Stunde. 

Der Hunsrücker Windweg ist ein weiterer touristischer Anlaufpunkt: hier errichtete ABO Wind im September 2012 rund um die Windparks Berglicht und Heidenburg einen fünf Kilometer langen Wanderlehrpfad. In mehreren Windenergieanlagen unterschiedlicher Generationen am Wegesrand erhält der Wanderer einen Eindruck von der rasanten Entwicklung der Technologie. Große Schautafeln entlang des Windwegs informieren über Hintergründe und Technik der Windenergie. Der Lehrpfad wird nicht nur von Einzelwanderern gerne begangen, sondern vor allem auch von Schulklassen. Kindgerechte Informationen, Spiele und Anschauungsobjekte gibt es an mehreren Stellen. http://www.abowind.com/de/unternehmen/hunsruecker-windweg.html

  • Außerschulischer Lernort, Exkursionsziel, Lehrpfad „Wirtschaftsstandort Lautertal“ - es kommt drauf an, was man draus macht...

Diese Beispiele zeigen, daß sich Wandertourismus und Windenergieanlagen keinesfalls ausschließen. Um es mit Wolfgang Wendling (Rhein-Zeitung) zu sagen: „Es hat ja auch einen gewissen Charme, das Wandern als sanfte Form des Tourismus mit der Windkraft als sanfte Form der Energieerzeugung in Einklang zu bringen. Beiden gehört in ihrem jeweiligen Segment die Zukunft.“

Ein außerschulischer Lernort, der neben spannender Information zu aktuellsten Technologien einen Aufenthalt mitten im grünen Wald bietet, kann auch für Lautertal ein attraktives Ziel für Schulklassen darstellen. Denn allen Lehrkräften, die mit ihrer Klasse im Felsenmeer waren, kann so auf kurzem Wege ein weiteres lohnendes Ziel für den nächsten Ausflug geboten werden, so daß auf dem Wege der Kundenbindung ein echter Zugewinn für Lautertal erreicht werden kann, wenn parallel dazu beispielsweise ein nahegelegenes Heuhotel errichtet wird.
Für technologie-interessierte Erwachsenengruppen kann ein unterhaltsamer Spaziergang mit Picknick oder Einkehr und Führung zu einem der Windräder organisiert werden, der zum Beispiel als zusätzliches Freizeitangebot Teilnehmer von Workshops, Tagungen oder Exkursionen mit Unterbringung in Lautertaler Gästezimmern locken kann.

Ein Lehrpfad zum Wirtschaftsstandort Lautertal - es sei nur an die vielen alten Mühlen erinnert, die einst den Ursprung von Maschinenbau und Industrie begründeten - wäre ebenfalls ein Ausflugsziel mit einem gewissen Alleinstellungsmerkmal.

Dies sind nur drei Beispiele wie Lautertal die Windräder touristisch nutzen könnte, sowie vier Beispiele von Ortschaften, wo man dies bereits praktiziert. Damit kann für die Gemeinde Lautertal ein Zusatznutzen gewonnen werden, der weder Schadstoffe freisetzt noch zusätzliche kommunale Investitionen kostet, sondern der Menschen ins Lautertal bringt, die staunen. 

Text: Marieta Hiller

Links: 

Grüne Liste Lautertal

Rhein-Zeitung: „Windräder als Attraktion für Wanderer“

Eröffnung Windpark Hochpürschtling Österreich

Soonwaldsteig

Ulrichstein

Hunsrücker Windweg

Deutscher Wanderverband: Landschaften in der Zeit der Energiewende
Gemeindezeitung Mitterndorf, Österreich
dort Heft Juli2013 Seite 33

 

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Energiewende im Fröhner Wald

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